Darwins Theorie erklärt die Börse
Ein Interview der Handelszeitung mit Thorsten Hens

Wie funktionieren Finanzmärkte wirklich?
Laut Prof. Thorsten Hens liefert Charles Darwins Evolutionstheorie die Antwort. Im Gespräch mit der Handelszeitung erklärt Thorsten Hens, wie das Prinzip des „Survival of the Fittest“ und die natürliche Selektion helfen, die Höhen und Tiefen an den Börsen besser zu verstehen.
Märkte als Ökosysteme
Genauso wie Arten in der Natur müssen sich auch Anleger ständig an veränderte Bedingungen anpassen, um zu überleben. Prof. Hens zieht einen anschaulichen Vergleich zwischen Massenaussterben in der Natur – wie dem Asteroideneinschlag, der die Dinosaurier auslöschte – und Finanzkrisen, die regelmässig die Wall Street oder die Schweizer Börse erschüttern. Wer sich nicht anpasst, wird vom Markt verdrängt.
Anleger: Pflanzen und Tiere
Hens unterteilt Anleger in zwei Haupttypen, inspiriert von der Natur:
Passive Anleger (Die Pflanzen):
Sie investieren breit gestreut in Indexfonds wie den MSCI World ETF und versuchen nicht, den Markt zu schlagen. Diese Strategie ist kostengünstig und stabil, hängt aber von den Aktivitäten der aktiven Anleger ab.
Aktive Anleger (Die Tiere):
Wie Raubtiere in der Natur versuchen, aktive Anleger, den Markt zu übertreffen – oft auf Kosten anderer. Diese Strategie erfordert mehr Informationen und ist teurer, sorgt aber für Preisdifferenzen und Effizienz am Markt.
Beide Gruppen sind wichtig: Passive Anleger stabilisieren den Markt, während aktive Anleger für Dynamik und Preisfindung sorgen.
Welche Strategie ist erfolgreicher?
Langfristig erzielen passive Strategien meist bessere Renditen als aktiv gemanagte Fonds. Doch Hens betont: Das gilt nicht immer. Wenn zu viele Anleger passiv investieren, können sich aktive Strategien wieder lohnen – für diejenigen, die bereit sind, mehr Aufwand zu betreiben.
Innovation und Anpassung
An der Börse entscheidet – wie in der Natur – die Selektion über das Überleben: Gewinne und Verluste bestimmen, welche Strategien bleiben. Anders als in der Biologie können sich Anlagestrategien jedoch durch Innovation blitzschnell anpassen. Hens nennt das „Evolution mit der Geschwindigkeit des Gedankens“. Ein Beispiel: ESG-Investments (nachhaltige Geldanlagen) waren anfangs sehr erfolgreich, doch mit zunehmenden Zuflüssen ging die Rendite zurück – wie von Hens und Kollegen prognostiziert.
Fazit
Wie in der Natur können auch an der Börse verschiedene Strategien nebeneinander bestehen und erfolgreich sein. Entscheidend ist, dass Anleger ihr Vorgehen regelmässig überdenken und nicht blind jedem Trend folgen.

„Die Evolution lehrt uns dynamische Interaktionen zu verstehen. Ich freue mich, Anwendungen davon für das Portfoliomanagement auf dem Finance Forum vorzustellen» -Thorsten Hens
Mehr Informationen:
Event: Finance Forum Zürich am Dienstag, 23. September 2025 im Kongresshaus Zürich https://finance-forum.ch/
Interview: Handelszeitung (Nr. 18 | 26. Juni 2025)
https://www.handelszeitung.ch/specials/finance-forum-zurich-2025/darwin-triumphiert-an-der-borse-837403